30.08.2008: NRZ: Ärger nach Pipeline-Treffen

PARTEIEN-STREIT: Bürgermeister bezeichnet Steinbrück als „Genossen der Bosse“. SPD stinksauer über Indiskretionen

Götz Middeldorf

Monheim/Kreis Mettmann. Der geheime „Pipeline-Gipfel“ zwischen dem SPD-Bundestagskandidaten Peer Steinbrück und Bayer-Chef Werner Wenning (NRZ von gestern) sorgt für Wirbel. Nach dem Langenfelder CDU-Landtagsabgeordneten Hans-Dieter Clauser reagierte auch der prominenteste Pipeline-Gegner, Monheims Bürgermeister Thomas Dünchheim. Er bezweifelt, dass Peer Steinbrück wirklich die Interessen der Bewohner seines Wahlkreises vertritt: „Wenn er hier im Südkreis einfliegt, gibt er sich als Kritiker der Gasleitung. Beim Treffen mit Wenning hingegen gefällt er sich offenbar in der Rolle des Genossen der Bosse“.
Empört zeigte sich der Bürgermeister über den Vorschlag des Bayer-Chefs, den Landtag nochmals über die Pipeline beraten zu lassen: „Muss Bayer nur mit dem Finger schnippen und schon beschließt der Landtag ein neues Pipeline-Gesetz?“ Wenn Bayer auf eine Novellierung des Pipeline-Gesetzes aus ist zeige dies nur, „dass das Unternehmen inzwischen selbst von der Verfassungswidrigkeit der Erstfassung überzeugt ist“. Deshalb versuche der Konzern, die Landesregierung zur Einbringung eines veränderten Gesetzestextes zu bewegen. „Bayer Anwälte waren in Mannschaftsstärke im Wirtschaftsministerium“, so Dünchheim. Bei den NRW-Parlamentariern müssten alle Alarmglocken schrillen….

Mail an Mandatsträger der SPD soll aufklären
Stinksauer ist die SPD im Kreis. Darüber, dass das Geheim-Treffen bekannt wurde. Doch das ist nicht alles. In einer Mail an Mandats-Träger im Kreis, die der NRZ vorliegt, schreibt SPD-Geschäftsführer Peter Zwilling, dass man mit der Wiedergabe von Gesprächsinhalten nicht einverstanden ist. Laut Zwilling wurde die Meldung von Donnerstag Nachmittag wahrscheinlich von Bayer lanciert“. Dem wiedergegebenen Inhalt könnten „die Teilnehmer der SPD so nicht zustimmen“. Die Meldung gebe den Gesprächsgegenstand nicht richtig wieder, könne zu großen Missverständnissen führen und schädige „die Glaubwürdigkeit der SPD im Kreis Mettmann in ihrer ablehnenden Position zur CO-Pipeline“. In einer eiligst verschickten Pressemitteilung versuchte SPD-Kreis-Chefin Kerstin Griese vorgestern Abend zu retten, was zu retten ist. (NRZ von gestern). Denn laut NRZ-Schwesternzeitung WAZ war das Gespräch zwischen Steinbrück und Wenning „offen und konstruktiv verlaufen, Unklarheiten in der Frage der Sicherheit der CO-Pipeline seien weitestgehend geklärt worden“. Griese dagegen, die am Gespräch teilnahm, sagte, das Treffen sei ergebnislos verlaufen. „Die entscheidenden Fragen nach der Sicherheit, der Gefahrenabwehr und dem Trassenverlauf konnten von Bayer nicht befriedigend beantwortet werden“.

Quelle: NRZ vom 30.08.08

KLARTEXT
SPD steht dumm da
Management in Sachen Pipeline miserabel

Damit hatte die SPD nicht gerechnet. Das Treffen zwischen dem Bayer-Chef und dem Bundestagskandidaten Steinbrück, der „Pipeline-Gipfel“, sollte geheim bleiben. Eine Indiskretion für die laut Sozialdemokraten nur Bayer in Frage kommt, machte es öffentlich. Die Dummen sind die Sozialdemokraten: Sie müssen nun reagieren. Auf Gesprächs-Inhalte, die angeblich falsch wiedergegeben wurden, gar nicht der SPD-Position in Sachen CO-Pipeline entsprechen und den Kandidaten Steinbrück doppelzüngig dastehen lassen.
Die CDU nutzt das aus: der Landtagsabgeordnete Clauser kloppte bereits heftig auf Steinbrück ein. Und Monheims Bürgermeister Dünchheim, selbst schon Opfer einer gezielt gestreuten Indiskretion (angeblich auch von Bayer) nutzt das Geheim-Treffen als Steilvorlage für Angriffe gegen Steinbrück.

Die SPD hat diese Situation selbst verschuldet: Warum hat sie nicht mit offenen Karten gespielt und über das Treffen informiert? Hätte sie nichts zu verheimlichen, hätte sie es problemlos machen können. Das SPD-Management in dieser Angelegenheit war miserabel. Nun müssen die Genossen reagieren, statt zu agieren und zu gestalten. Bleibt zu hoffen, dass es für die Sozialdemokraten eine Lehre war. Denn in Sachen Pipeline verstehen die politischen Gegner keinen Spaß. Und die Bürger schon gar nicht.

Quelle: NRZ Klartext vom 30.08.2008
Götz Middeldorf

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