27.06.2012: Der Westen

Landesregierung stellt Bayer-Pipeline auf den Prüfstand

27.06.2012 | 19:06 Uhr2012-06-27T19:06:00+0200

Eine Baustelle der CO-Pipeline bei Hilden im Jahr 2010. Die Pipeline ist längst verlegt. Die NRW-Landesregierung will das Bayer-Projekt dennoch erneut auf den Prüfstand stellen.Foto: Lars Heidrich/NRZ

Düsseldorf. Die Landesregierung legt der Kohlenmonoxid-Pipeline des Chemiekonzerns Bayer weitere Steine in den Weg. NRW-Umweltminister Remmel (Grüne) lässt prüfen, ob es Alternativen zur umstrittenen Chemieleitung am Niederrhein gibt. Der Plan sorgt für Streit.

Dass ein Unternehmen mit Hilfe eines Gutachtens überprüft, ob ein Großprojekt gebraucht wird, gehört zum Alltag in Deutschlands Betrieben. Äußerst ungewöhnlich ist es aber, wenn eine Regierung offiziell den Sinn und die Wirtschaftlichkeit eines wichtigen Industrieprojekts hinterfragen lässt. Das allerdings hat NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) im Fall der Kohlenmonoxid-Pipeline vor, die der Chemiekonzern Bayer am Niederrhein in Betrieb nehmen will. Remmel lässt nun ausloten, welche „technischen und wirtschaftlichen Alternativen“ zu dem umstrittenen Projekt bestehen. Hinter den Kulissen ist schon von einem Misstrauensvotum des Ministeriums gegen Bayer die Rede.Bau seit Jahren abgeschlossen

Die Bayer-Pipeline gehört zu den großen Symbolprojekten, wenn es um das Verhältnis der Landesregierung zur NRW-Industrie geht. Mit der 67 Kilometer langen Röhre will der Leverkusener Chemie-Riese Kohlenmonoxid (CO) für die Kunststoffproduktion zwischen seinen Standorten Dormagen und Krefeld-Uerdingen transportieren. Die Trasse verläuft durch Duisburg, Ratingen, Düsseldorf, Hilden und Langenfeld. Zum Teil befindet sich die Leitung für das giftige und geruchlose Gas in unmittelbarer Nähe von Wohngebieten. Bürgerinitiativen haben sich formiert, um das Projekt zu kippen. Seit Jahren ist der Bau abgeschlossen, doch Kläger konnten bislang verhindern, dass die Pipeline in Betrieb geht. Dem Konzern sind Fehler unterlaufen. An manchen Stellen ist Bayer von der genehmigten Trassenführung abgewichen.

Mahnwache gegen CO-Pipeline

Nun geht die NRW-Landesregierung in die Offensive. Gutachter sollen überprüfen, welche „technisch machbaren und wirtschaftlich sinnvollen Alternativen zur CO-Pipeline“ existieren, heißt es in der Ausschreibung, die der WAZ Mediengruppe vorliegt. Ausdrücklich wird auch auf „die Möglichkeiten eines Ausbaus der CO-Produktion am Standort Uerdingen“ hingewiesen. Bürgerinitiativen fordern schon lange, dass Bayer die Kohlenmonoxid-Herstellung in Uerdingen ausbaut, damit die Pipeline verzichtbar wird. Dies wäre für den Konzern aber mit erheblichen Investitionskosten verbunden.

Laschet (CDU): Projekt nicht behindern

Beim designierten CDU-Landeschef Armin Laschet stößt der Vorstoß von Remmel auf Unverständnis. „Der Umweltminister soll sich nicht um Fragen kümmern, die ihn nichts angehen. Die Landesregierung hat die Pipeline und den Schutz der Bevölkerung zu prüfen, aber nicht darüber zu befinden, ob sich eine solche Planung für einen Konzern wie Bayer rechnet“, sagte Laschet der WAZ Mediengruppe. „Meine Meinung zur CO-Pipeline ist unverändert: Wenn alle Sicherheitsauflagen erfüllt und Rechtsfragen beantwortet sind, darf dieses für den Chemiestandort NRW und die Arbeitsplätze so wichtige Projekt nicht weiter behindert werden.“

Kommentar
Liebe zur Industrie sieht anders aus - von Thomas Wels

Ganz klar: Die Verfahren zur Genehmigung großindustrieller Projekte wie die Kohlenmonixid-Pipeline des Chemie-Konzerns Bayer sind korrekt einzuhalten. Daran darf es keinen Zweifel geben. Doch Liebe zur Industrie sieht dennoch anders aus.

Auch in Wirtschaftskreisen wird der Vorstoß des Umweltministers aufmerksam verfolgt. Befürchtet wird, die rot-grüne Regierung könnte den Handlungsspielraum der Unternehmen einengen. „Gut, dass überhaupt Bewegung in die Sache kommt. Wir erwarten jedoch rollengerechtes Verhalten. Das heißt, die betriebswirtschaftlichen Fragen sollten der unternehmerischen Entscheidung vorbehalten sein“, sagte Ulrich Lehner, der Präsident der Düsseldorfer Industrie- und Handelskammer (IHK).

Start der Pipeline in weite Ferne gerückt

Bayer hält ein neues Gutachten für nicht erforderlich. „Die Frage nach möglichen Alternativen zur CO-Pipeline ist nicht neu“, sagte Michael Schlösser von der zuständigen Konzernsparte Bayer Material Science (BMS). Bereits im Jahr 2008 habe das Land NRW ein Gutachten zur betriebs- und volkswirtschaftlichen Bedeutung der Pipeline beim Ruhr-Forschungsinstitut für Innovation und Strukturpolitik eingeholt. Dieses Gutachten sei noch 2011 aktualisiert worden.

Wer das neue Pipeline-Gutachten erstellen wird, steht noch nicht fest. Die Angebotsfrist endet erst am 20. August. Ein Start der Bayer-Pipeline scheint jedenfalls in weiter Ferne zu liegen.

Ulf Meinke

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