05.11.2013 bis 07.11.2013 - Erörterungstermin der Bezirksregierung Düsseldorf zum Planänderungsverfahren der CO-Pipeline

- Mitglieder der IG Erkrath nahmen teil -

Zum Antrag der Bayer MaterialScience AG (BMS) vom 19.04.2012 auf Änderung des Planfeststellungsbeschlusses für die Einrichtung und den Betrieb der CO-Pipeline von Köln-Worringen nach Krefeld-Uerdingen.
Dieser Erörterungstermin war nicht öffentlich. Teilnehmen durften lediglich Beteiligte wie Einwenderinnen und Einwender und / oder deren gesetzliche Vertreter.

Tag 1:
Um 8.00 Uhr angekommen, wollten wir uns zuerst anmelden, was sich aber etwas schwierig gestaltete: Das Security-Personal empfing uns an der ersten Eingangstür und kontrollierte zunächst unsere Taschen. Da es keine Beanstandungen gab, war es uns erlaubt die nächsten Security-Station zu betreten. Nach Vorlage des Personalausweises wurde in Aktenordnern und PC, auf denen die 24.000 Einwenderinnen und Einwender verzeichnet waren, nach unseren Namen gesucht. Schließlich wurden wir mit einem Papier-Band am Handgelenk ausgerüstet und uns wurde Einlass gewährt.
Nach kurzer Besichtigung der Halle traf man sich mit Pipeline-Gegnern aus Hilden, Duisburg, etc. zu einer Mahnwache vor der Grugahalle. Auch die Presse von Radio- und Fernsehsendern war bereits zahlreich vertreten. Wolfgang Cüppers wurde um mehrere Interviews gebeten, z. B. von Radio Neandertal, RTL und WDR.

Pünktlich um 10.00 Uhr startete die Bezirksregierung mit ihrer Tagesordnung.

Die Begrüßung erfolgte durch Frau Dr. Nienhaus, Abteilungsleiterin Umwelt und Arbeitsschutz, die auch den größten Teil der Veranstaltung als Diskussionsleiterin fungierte.
Als unabhängiger Gutachter der Bezirksregierung wurde Herr Dipl.-Ing. Chr. Engel vorgestellt. Bereits dazu meldeten die ersten Redner Bedenken an, da Herr Engel vorher als Sachverständiger für die BMS AG tätig war und für diese Firma diverse Gutachten erstellt hat, gab er erhebliche Zweifel an seiner „Unabhängikeit“.

Zu TOP 2.2.1: Geo-Grid: Verlegung einer zusätzlichen Geo-Grid-Matte und eines weiteren Trassenwarnbandes gab es zahlreiche Wortmeldungen. Anwohner, Landwirte und besonders fachkundigen Ingenieure und Techniker hielten Vorträge, die zum Teil mit Fotos belegt wurden.

Haupt-Kritikpunkte:

- Statt 80 cm breite Geo-Grid-Matten (GGM) mit plus 10 cm breiten Trassenwarnbandes an beiden Seiten wurden nur 60 cm verlegt, wobei die Trassenwarnbänder sich auf den Matten befanden (durch Fotos belegt)

- GGM haben keine Schutz-Funktion z. B. gegen Bagger - in zwei Städten wurden entsprechende „Bagger-Test“ durchgeführt - ein Einwender zeigte während seiner Präsentation sehr eindrucksvoll, dass man die Matten mit bloßen Händen zerreißen kann

- Die Verlegung der zusätzlichen Matten soll in einer Höhe von 90 cm erfolgen. Da die vorhandenen Matten aber in unterschiedlichen Höhen verlegt wurden, werden dadurch voraussichtlich Probleme entstehen. Unmöglich ist diese Verlegungs-Tiefe für Landwirte, da der Boden phasenweise bis zu 1 m Tiefe aufgelockert wird.

- Fotos belegen, dass die gelben Masten, die auf die CO-Pipeline hinweisen nicht alle oberhalb der Pipeline montiert wurden, sondern teilweise in einiger Entfernung. Auch diese Tatsache stellt z. B. bei Bauarbeiten ein zusätzliches Risiko dar.

Die Diskussionsleiterin fasste Themenbereiche zusammen und bat jeweils die Antragstellerin, die BMS AG, sich dazu zu äußern. Vorwiegend Herr Breuer, Projektleiter der BMS AG, nahm zu den einzelnen Punkten Stellung. Er gab an, dass für die geplante Verlegung speziell ein Gerät entwickelt wurde, das in einem Arbeitsgang den Boden plattenweise aushebt, die GGM verlegt und den Boden wieder schließt. Dies sei für die Natur ein besonders „schonendes“ Verfahren. Inzwischen ist seitens der BMS AG nicht mehr die Rede von einer „Schutz-Funktion“, sondern von einer „Warn-Funktion“ der GGM und vor allem der geplanten 30 cm breiten gelben Trassenwarnbänder.

Nach hinreichender Diskussion entschloss sich die IG Erkrath gegen Ende des Erörterungs-Tages folgenden Antrag zu stellen:

„Antrag, den Sachverständigen Engel wegen der Besorgnis der Befangenheit von der gutachterlichen Beratung der Bezirksregierung auszuschließen.
Begründung: Der Sachverständige Engel war bisher für BMS AG als privater Gutachter tätig. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf hat sich gezeigt, dass der Sachverständige Engel Sicherheits-Prüfungs-Notwendigkeiten grob vernachlässigt hat – offensichtlich im Interesse seines Auftraggebers. Dies wurde jedenfalls auf Befragen des Gerichts deutlich. Es genügt der böse Schein und die daraus resultierende Besorgnis.“

Um 18.00 Uhr wurde die Erörterung unterbrochen und die Fortsetzung auf den nächsten Tag, 06.11.2013, 10.00 Uhr festgelegt.

Tag 2:
Zu Beginn wurde der Antrag der IG Erkrath verlesen. Dem Antrag wurde stattgegeben mit der Begründung, dass er lediglich auf eine „Besorgnis“ basiere, entsprechende Beweise aber nicht vorgelegt wurden.

Anschließend wurden die letzten Wortmeldungen zu 2.2.1 gehört und besprochen, dann ging es zu TOP 2.2.2: Rohrmaterial: Einbau von Rohren aus alternativen Stahlsorten.

Haupt-Kritikpunkte:

- BMS AG baute nicht das beantragte Rohr-Material ein; die verlegten Stahl-Rohre waren von minderer Qualität.

- Die Wandstärke der eingebauten Rohre 56 mm anstatt der vorgesehenen 63 mm.

- Mittels einer Präsentation wurde nachgewiesen, dass das Rohr-Material bei Lieferung in einwandfreiem Zustand waren. An diversen Baustellen lagen die Rohre jedoch bis zu einem halben Jahr, zum Teil in mit Regenwasser und Schlamm gefüllten Gruben, so dass eine fortschreitende Korrosion deutlich sichtbar war. Die mitgelieferten Rohr-Abschlusskappen, die ein Eindringen von Feuchtigkeit ins Rohinnere verhindern sollten, fehlten bzw. waren zerschnitten und mit Rohrzwingen notdürftig an den Rohrkanten befestigt, statt über dem gesamten Außen-Durchmesser der Rohre um diese effektiv zu verschließen.

- Rohr wurden kalt gebogen. Was nicht passte wurde durch diverse Biegungen passend gemacht. Durch diesen Vorgang wurde das Rohr-Material an der Außenseite geschwächt und an der Innenseite gestaut.

- Das Anbringen von Schweißnähten erfolgte unvorschriftsmäßig an schwebenden oder nicht aufliegenden Rohren. Teilweise lagen die Schweißer unter den Rohren um die Naht anzubringen.

- In einigen Gebieten hat die Firma Vorwerk ihren Bau-Auftrag weitergegeben an Sub-Unternehmer, die nicht darüber informiert waren, was für ein gefährlicher Stoff durch die Pipeline geführt werden soll. Das lässt vermuten, dass bei Schweißnähten unter Umständen nicht sorgfältig genug gearbeitet wurde.

- Anzahl der von der BMS AG angegebenen Schweißnähte wurde überschritten.

Es wurde nachgewiesen, dass nicht alle Schweißnähte in den „Rohrbüchern“ verzeichnet waren.

- Technische Regeln für Rohrfernleitungsanlagen (TRFL) wurden somit nicht in allen Punkten eingehalten.

- Fotos belegten, dass unzulängliche, an den Kontakten verrostete Kontrollgeräte an Baustellen zum Einsatz kamen.

- Im Bereich der Pipeline liegen u. a. zahlreiche Schulen und Kindergärten.

Die Fachleute der BMS AG begründeten den Einbau von Rohren aus „alternativen“ Stahlsorten damit, dass die bestellten Mengen nicht komplett lieferbar waren. Sie versicherten, dass die eingebauten Stahlsorten ebenfalls noch über dem Sicherheits-Standard liegen. Weiterhin gab Herr Breuer an, dass die Rohrleitung mit Wasser befüllt wurde um die Dichtigkeit zu überprüfen; die Schweißnähte seien alle dicht. Anschließend habe man die gesamte Leitung gereinigt, so dass sich in den Rohren kein Rost mehr befinden würde.
Frau Dr. Nienhaus erklärte, dass die Bezirksregierung noch Durchsicht der „Rohrbücher“ noch nicht abgeschlossen habe. Der Hinweis der Rednerin würde aber überprüft und in die Entscheidung mit einbezogen werden.

Um 15.00 Uhr konnte mit TOP 2.2.3: Mantelrohre: Einbau von Mantelrohren aus alternativen Stahlsorten und/oder mit abweichendem Durchmesser begonnen werden.

Haupt-Kritikpunkte:

- Nicht in allen vorgesehenen Bereichen wurden Mantelrohre verlegt. Bei Unterquerungen von Straßen und Eisenbahnschienen wurde zum Teil darauf verzichtet, was wiederum ein erhöhtes Sicherheits-Risiko darstellt.

- Durch Fotos wurde belegt, dass der erforderliche Abstand zu anderen Rohrleitungen nicht überall eingehalten wurde.

- Zumindest an einer Stelle wurde die benachbarte Rohrleitung mit der Pipeline-Leitung in einem Mantelrohr unplanmäßig zusammengefasst, was potenzielle Reparatur-Maßnahmen an einer der beiden Leitungen erschwert.

Trotz aller Belegen und Bedenken erklärte Herr Breuer, die CO-Pipeline der BMS AG sei „die sicherste der Welt“.

Um 18.30 Uhr wurde die Erörterung unterbrochen und die Fortsetzung auf den nächsten Tag, 07.11.2013, 10.00 Uhr festgelegt.

Tag 3:
Dieser Tag begann mit TOP 2.2.4: Lageabweichungen: lokale und kleinräumige Anpassungen des Trassenverlaufs. Herrn Breuer begründete die „geringfügigen“ Lageabweichungen damit, dass Rücksicht auf Natur- und Wasserschutzgebiete genommen wurde.

Hauptkritikpunkt:

- So hat man schließlich Parks umgangen und die Pipeline kurzerhand mitten durch dicht besiedelte Wohngebiete verlegt.

Zu TOP 2.2.5: Übergabestationen: Veränderung der Konfiguration der Druckregel- und Absperreinrichtungen in den Übergabestationen in Dormagen und Krefeld Uerdingen und TOP 2.2.6: Kompensationsflächenkonzept: Neuordnung und Neubilanzierung des Kompensationsflächenkonzeptes nach Wegfall einer parallel geplanten Leitung gab es nur wenige Wortmeldungen, so dass die Themen kurz umrissen wurden.

TOP 3: Sonstiges
Dazu gab es Vorträge der Stadt Düsseldorf und der Feuerwehr Düsseldorf. Weiterhin wiesen Ärzte nochmals ausdrücklich auf die Gefahren einer CO-Pipeline hin. CO ist ein farbloses, geruchlosen Gas, das in der Luft tödlich wirkt. Weder Feuerwehr noch Ärzte verfügen über die entsprechende Ausrüstung für einen solchen Notfall. Eine schnelle Evakuierung sei im Ernstfall nicht möglich. Zwangsläufig wäre die Folge eines Defektes der Pipeline eine hohe Anzahl Todesfälle.

Zum Abschluss der Erörterung bedankte sich die Bezirksregierung bei den Einwenderinnen, Einwendern und Bevollmächtigten für die sachliche Diskussion und die konstruktive Kritik.

Ende der Veranstaltung: 17.00 Uhr

Über die gesamte Erörterung wurde ein Wortprotokoll geschrieben. Alle Präsentationen und Fotos wurden ebenfalls dem Protokoll hinzugefügt. Diese Unterlagen wird die Bezirksregierung nochmals sichten, bevor sie ihre Entscheidung trifft.

Bleibt zu hoffen, dass die Bezirksregierung Düsseldorf den Antrag der BMS AG ablehnt!

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